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Mehr als ein Faden Wasser unter dem Kiel

 
Die FR beginnt schon mal den Nekrolog auf den Zivildienst vorzubereiten.

Der Zivildienst wird also gekürzt. Die Zivildiener werden aber von den sozialen Einrichtigungen, die sie beschäftigen, bitterlich als lohngünstige Arbeitskraft gebraucht. Die Kürzung ist daher nur als Vorgriff auf die Abschaffung der Wehrpflicht zu verstehen. Denn den Anlass zur Einrichtung des Zivildienstes gab ja die “Notwendigkeit”, die Kriegsdienstverweigerer anderweitig zu beschäftigen. Demnach wäre mit dem Wehrdienst auch der Zivildienst abzuschaffen? Zwar ist (mir) mittlerweile klar, dass die Bundeswehr obsolet ist; der Zivildienst jedoch hat sich allein für sich als sinnvoll erwiesen. Warum sieht das bloß keiner? Wir brauchen die soziale Dienstpflicht, für ein Jahr, für Jeden.

p. s. Ebenda.
sehpferd meinte am 16. Jan, 15:18:
Nur die Wohlfahrtsverbände profitieren
Bitte, wer ist denn in diesem Zusammenhang „wir“? Diejenigen, die dem Zivildienst gegenwärtig vorzeitig nachweinen, sind doch die Wohlfahrtsverbände – und für sie sind Zivildienstleistende in erster Linie billige Arbeitskräfte. Wenn die Damen und Herren aus den oberen Etagen der reichsten deutschen Wohlfahrtsverbände heute vor die Presse treten und sagen, beim Fortfall des Ersatzdienstes könne niemand mehr einen alten Menschen spazieren fahren oder ihm vorlesen, dann ist dies zwar eine Teilwahrheit, aber nicht die Kernwahrheit.

Es ist eher so: nicht „wir“, sondern die Wohlfahrtsverbände brauchen die Zivildienstleistenden. Sie sind es auch, die ständig nach „freiwilliger sozialer Arbeit“ rufen. Aber sie (und der Rest der Gesellschaft) haben bis heute keinerlei Ideen vorgelegt, was sie außer Gotteslohn noch dafür bieten. Schon mancher freiwillige Helfer hat dies schmerzlich erleben müssen: man ist nur gern gesehen, so lange man dem Träger demütig zur Hand geht.

So, so, wir brauchen also die soziale Dienstpflicht. Wie schön. Der Soldat (mal einer gewesen, Herr Kollege?) kann durch Gruppendruck, Strafandrohungen, Freizeitentzug und zähneknirschende Einsicht dazu gebracht werden, widerstandslos unter absingen idiotischer Lieder eine Landstraße entlang zu marschieren – glaubst du vielleicht, man können Menschen auf ähnliche Weise zu Helfernaturen umerziehen? Ich bezweifele es. 
noctua antwortete am 16. Jan, 16:35:
Danke, sehpferd, für deinen wunderbaren Kommentar! Du meinst, Jeder müsse ordentlich für Arbeit bezahlt werden. Geld gegen Leistung. So funktioniert schließlich die Welt. Oder nicht? — Mir gefällt die Vorstellung, in einem Land zu leben, in dem jeder einmal für eine merkliche Dauer seiner Lebenszeit etwas sinnvolles tut, ohne dass es auf Geld ankommt. Diese Vorstellung ist offensichtlich naiv, denn sie geht davon aus, dass Menschen eine Helfernatur haben und nicht erst dazu umerzogen werden müssten. 
sehpferd meinte am 19. Jan, 17:02:
Die Liebe wird aus reinem Herzen gegeben
Ich mag nicht ironisch angegangen werden, wo es nicht angebracht ist, aber zur Sache: Die Welt funktioniert natürlich nicht nur nach dem Prinzip „Geld gegen Leistung“, und das weißt du, liebe „noctua“ so gut wie ich auch. Die schönste menschliche Gabe, die Liebe, wird meist aus reinem Herzen gegeben, und das ist gut so.

Mir gefällt dein Teilsatz, „für eine merkliche Dauer seiner Lebenszeit etwas Sinnvolles tun, ohne dass es auf Geld ankommt“ überhaupt nicht. Er unterstellt eigentlich etwas Ungeheuerliches: dass andere Menschen wohl nichts Sinnvolles tun, und dass es all den anderen aufs Geld ankäme. Schon mal davon gehört, dass es Menschen gibt, die ihren Beruf lieben und sich ganz in ihn engagieren? Und: Menschen werden nicht als Helfer geboren: Sie brauchen Eigenschaften, die dann auch noch ausgebildet werden müssen, und erst nach vielen Jahren dürfen sie dann im sozialen, psychologischen oder medizinischen Dienst tätig werden.

Zum Schluss: Wer garantiert dir, dass die zukünftig im Pflichtjahr dienenden Menschen tatsächlich sinnvoll eingesetzt werden und eine zusätzliche Dienstleistung erbringen? Könnten sie nicht auch dafür eingesetzt werden, vorhandenes (bezahltes) Personal abzubauen? 
noctua antwortete am 20. Jan, 19:13:
Hallo sehrpferd, dein Wort “Liebe wird aus reinem Herzen gegeben” gefällt mir. Tut mir Leid, dass dir mein Satz (der, den du zitierst) nicht gefällt. Ich sehe nicht, dass er etwas Schlechtes unterstellt. Eigentlich unterstellt er gar nichts. Ich kenne andere Menschen, die Sinnvolles tun oder etwas nicht nur für Geld tun. Ich kenne sogar welche, die beides gleichzeitig tun.

Eine Garantie für ausschließlich sinnvolle Einsätze gibt es nicht. Nichts ist perfekt. Ich sehe jedoch nicht, dass dabei ein Schaden entstünde, der groß genug wäre, die ganze Idee zu diskreditieren. Das vorhandene, tariflich bezahlte Personal wird gebraucht, weil es eine Ausbildung hat, die dem Zivildiener fehlte. Ganz wie du sagst. Andersherum: Nach der Abschaffung des jetzigen Zivildienst wird es wohl kaum zu einem Einstellungsboom kommen. Es wäre nicht genug Geld da, um alle Personallücken zu füllen. Die Qualität der Versorgung nähme ab. Außerdem würden durch erhöhte Personalkosten die Kranken- und Pflegeversicherungen stärker belastet. Beiträge stiegen. Lohnnebenkosten stiegen. Arbeitgeber stellten weniger Leute ein. Vermute ich mal.

Ich wollte nicht ironisch sein. Hatte mich nur gefreut, daß mal ein Kommentar kommt.